Für internationales Aufsehen sorgten zuletzt die Gerichtsprozesse gegen die Aktivistinnen der Punk-Gruppe Pussy Riot und gegen den Aktionskünstler Pjotr Pawlenski in Russland. Während die Öffentlichkeit vor allem über das Urteil informiert wird, bleiben dagegen die ästhetischen Debatten vor Gericht zumeist unberücksichtigt. Sie sind es aber, die Aufschluss darüber geben, über welches Kunstverständnis eine Gesellschaft verfügt und auf welche Weise sie dieses in einem juristischen Rahmen zu verhandeln in der Lage ist. Das SNF-Forschungsprojekt „Kunst und Literatur vor Gericht“ hat sich sechs Jahre lang mit Gerichtsverfahren befasst, die seit Ende des 19. Jahrhunderts gegen Künstler*innen, Kurator*innen und Schriftsteller*innen geführt wurden. Diese zeigen den Wandel der juristischen Bewertung von Kunst und den Wandel eines gesellschaftlichen Kunstverständnisses. Ausserdem machen sie die Wechselwirkungen zwischen Gesetzgebung und künstlerischer Praxis sowie Konjunkturen von Anklagepunkten über Ländergrenzen und politische Systeme hinweg fassbar.
Aus dem Projekt ist u.a. die Anthologie Kunst vor Gericht. Ästhetische Debatten im Gerichtssaal mit Essays, Fallstudien sowie einer Auswahl an Gerichtsakten hervorgegangen. Wir feiern das Ergebnis langjähriger Forschungen mit einer Book-Release-Party, an der wir mit ausgewählten Gästen sprechen, unsere spannendsten Fälle und weitere Publikationen rund um das Thema vorstellen.
Dr. Sandra Frimmel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im EU-Projekt «Performance Art in Eastern Europe» am Slavischen Seminar und Koordinatorin des Zentrums Künste und Kulturtheorie der Universität Zürich. Mehr
Matthias Meindl ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Slavischen Seminar und ist u.a. im EU-Projekt "Performance Art in Eastern Europe" tätig. Mehr
Mara Traumane M.A. ist Kunsthistorikerin und Kuratorin und arbeitet im SNF Projekt «Literatur und Kunst vor Gericht: Fokus Osteuropa»
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