Die Wissenschaft, die sich mit dem Studium von Inschriften auf Stein, Metall, Holz, Leder oder Keramik befasst, wird als Epigraphik bezeichnet. Für die römische Zeit bilden lateinische Inschriften eine vorzügliche Quelle für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, politische Strukturen und den Lebensalltag. Über 500'000 davon sind aktuell überliefert. Jährlich werden zudem zahlreiche Neufunde und Neulesungen veröffentlicht. Dazu hat auch das Forschungsprojekt zu römischen Inschriften in der Schweiz des Historischen Seminars der Universität Zürich beigetragen. Die hier präsentierte Weihinschrift für Merkur ist in der Stützwand des alten Pfarrhauses in Rapperswil verbaut und wurde 2011 im Rahmen des Projekts dokumentiert. Wir lesen:
Mer[c]urio Aug(usto) S(extus) V[al(erius) ---]anincanus ex v[oto pe]cunia sua [feci]t.
Für Merkur Augustus hat Sextus Valerius [---]anincanus (dieses Monument) aufgrund eines Gelübdes und auf eigene Kosten Erstellt.
Aufgrund eines Vergleichs mit ähnlichen Weihformularen kann die durch den Ausbruch entstandene Lücke im Text ergänzt werden. Der Gott Merkur spielte insbesondere im Handel eine wichtige Rolle. Sextus Valerius hat ihm eine Statue geweiht, für die der hier abgebildete Kalksteinblock als Basis diente. Die Inschrift bot dem Weihenden die Möglichkeit, sich sowohl vor dem Gott als auch vor seiner Gemeinschaft namentlich zu verewigen – eine kulturelle Praxis, die die Römer in die Schweiz brachten.
Yannick Baldassare ist Assistent am Lehrstuhl für Alte Geschichte von Prof. Dr. Anne Kolb. Mehr
Anne Kolb ist Professorin für Alte Geschichte mit Schwerpunkt Epigraphik und leitet das Forschungsprojekt zu den Römischen Inschriften in der Schweiz. Mehr
Nikolas Hächler ist Wissenschaftlicher Assistent an der Abteilung Alte Geschichte des Historischen Seminars der Universität Zürich. Mehr
Dr. Jens Bartels ist Oberassistent am Lehrstuhl für Alte Geschichte von Prof. Dr. Anne Kolb. Mehr
Weiterfuehrende Beiträge